SES Boxgala in Potsdam – Durchweg Siege der Heimboxer

Ramona Kuehne vs Gina Chamie

SES Boxgala in Potsdam - Durchweg Siege der Heimboxer

Bei der gestrigen SES-Veranstaltung in Potsdam wurde einmal mehr deutlich, dass es für einem Boxer oder auch eine Boxerin von großem Vorteil ist, mit einem starken Team, wie dem Veranstalter SES aus Magdeburg, zusammen zu arbeiten. Dabei geht es absolut nicht um eine mögliche Bevorzugung von Heimboxern, die Vorteile liegen woanders. Kaum ein „kleiner“ Privat-Boxer kann es sich leisten, für so einen Auftritt vor großem Publikum zu sorgen oder eine für die eigene Situation passende Gegnerwahl zu treffen oder gar zu finanzieren.

Moritz Stahl vs Petar Markovic   Tom Schwarz vs Frantisek Kynkal

Die „jungen Wilden“ vom „Team Deutschland“, Moritz Stahl und Tom Schwarz konnten die an sie gestellten Aufgaben souverän durch Siege in Runde 1 lösen. Auch Gastboxer Vincent Feigenbutz aus Karlsruhe hatte keine Mühe, seinen erfahrenen Gegner mit der ihm eigenen Ringdominanz zu begegnen. In allen 3 Kämpfen wurde sehr schnell deutlich, wer Chef im Ring ist. Mehr als eine Verbesserung des Kampfrekordes hat das zwar nicht gebracht, doch wurde damit sehr deutlich aufgezeigt, was diese Boxer bisher im harten Training gelernt haben. Auch Dzemski-Schützling Mathias Zemski konnte mit einem TKO 3 Erfolg seine KO-Bilanz aufbessern.

Vincent Feigenbutz vs Misa Nikolic   Mathias Zemski vs Maik Taeubig

Eine, wie sich erst im Kampfverlauf herausstellte, vergleichsweise schwierige Aufgabe hatte hingegen Dominc Bösel gegen den in Tschechien lebenden Kubaner Miguel Velozo zu bewältigen.

Dominic Boesel vs Miguel Velozo   Dominic Boesel vs Miguel Velozo

In diesem Kampf über 10 Runden ging es um den WBO-Interconti im Halbschwergewicht. Wer glaubte der 40-jährige Gegner von der Zuckerinsel wäre zum verlieren angereist, sah sich schnell eines Besseren belehrt.
Dominic Boesel vs Miguel Velozo
Velozo bot nicht nur Paroli, sondern setzte während der gesamten Kampfdauer mehr Akzente, als Bösel lieb sein konnte. Das knappe, aber dennoch gerechte Urteil von 94:94 und 2x 95:93 sollte nicht als Lohn, sondern als Aufgabe verstanden werden. Die nächsten Gegner werden gewiss nicht leichter, wenn es darum gehen soll, den gestern Abend gewonnen Titel zu verteidigen.

Auch das Comeback von Steffen Kretschmann gestaltete sich schwieriger als man zu hoffen wagte. Der einmal mehr als „Prüfstein“ eingesetzte Serbe Samir Kurtagic wurde seiner Rolle voll und ganz gerecht. Kretschmann konnte diesen Kampf nicht unbedingt souverän und sicher gestalten. Dazu kam, dass er sich entweder bei einer kleinen Ringereinlage im Schwitzkasten von Kurtagic oder durch einen Nackenschlag am Genick verletzte, was er auch während des Kampfes immer wieder deutlich anzeigte. Man konnte schon bedenken haben, ob er in diesem Moment „aussteigt“, was zum Glück nicht geschah. Es gelangen „Kretsche“ zwar recht gut sitzende und auch schnelle Einzeltreffer, aber im Großen und Ganzen kam er mit seinem Gegner nicht so gut zurecht wie man das vielleicht gedacht hätte. Die Verletzung hin oder her, aber auch ohne dem konnte man erkennen, dass Kretschmann einfach zu wenig Erfahrung hat, mit dem Druck eines realen Kampfes umzugehen. Sobald sich das Gegenüber anders verhält als ein Sandsack, fehlen Routine und ein Gameplan, locker damit umzugehen und die eigenen Stärken richtig auszuspielen. Von außen den „Klugscheißer“ zu spielen ist sehr leicht, aber man merkt schon, dass es besser für Kretsche wäre, wenn er in der jetzigen Phase erst einmal 4-6 Kämpfe macht, die ihm erst einmal mehr Selbstvertrauen geben, als ihm mit einer Erwartungshaltung zu begegnen, deren Druck er nicht standhält. Da hilft auch kein Training im Gym am Sandsack oder Sparring mit längst bekannten Partnern. Kretsche braucht mehr Vertrauen zu dem was er ja eigentlich längst kann und das lernt man nur durch kleine Erfolge, die sich aneinander reihen und einen Boxer richtig reifen lassen. Manche Boxer bringen dieses „Gen“ vielleicht „von Haus aus“ schon mit, bei anderen kommt es durch gewonnene Erfahrung zum tragen.

Steffen Kretschmann vs Samir Kurtagic

Steffen Kretschmann ist jetzt 33 Jahre alt und hatte durch diverse Probleme mit seinem vorigen Vertragspartner viel zu lange Pausen. Er muss seine Zeit jetzt nutzen, wenn er mehr erreichen will, als nur eine Undercard aufzufüllen. An dieser Stelle sei es erlaubt, großen Respekt an Samir Kurtagic auszusprechen, der mit einer guten Leistung genau die momentan noch vorhandenen Schwachpunkte von „Kretsche“ aufzeigen konnte. Die Punktevergabe von Dieter Adam mit seinem 75:74 kommt dem Kampf vielleicht sogar näher, als das 78:74 von Holger Wiemann oder das 78:75 von Frank Michael Maas. Sieg für Kretschmann – ok, aber knapper ging es wohl kaum.

Steffen Kretschmann nach dem Kampf: „Mit dem Kampf bin ich unzufrieden. Ich war verkrampft, habe mich schwerfällig bewegt und zu selten konsequent nachgesetzt. Der unfaire Nackenschlag hat zudem Schmerzen im Nacken verursacht und ich musste mich regelrecht durchkämpfen. Da hat man doch die lange Ringabstinenz gemerkt. Der Niederschlag war gut gesetzt, passte. Mit diesen guten Momenten und dem Sieg motiviere ich mich für die nächsten Aufgaben im Schwergewicht!“

Man kann durchaus sagen, dass die letzten beiden Kämpfe der Veranstaltung auch die tatsächlichen Höhepunkte waren. Im Kampf um den vakanten WBO-International-Titel im Halbschwer standen sich der SES-Boxer Robin Krasniqi und Emmanuel Danso aus Ghana gegenüber. Von dem Mann aus der ghanaischen Hauptstadt Accra wusste man nicht viel, außer das sein Kampfrekord genau so beeindruckend wie gepimpt ist. Doch spätestens als er sich beim Wiegen präsentierte wurde deutlich, was da für ein kompaktes Kraftpaket in den Ring steigen würde. Genau so zeigte er sich auch von Beginn an im Ring. Stabile Doppeldeckung, ständig im (wenn auch bedächtigem) Vorwärtsgang und blitzschnelles Einstreuen von gefährlichen Schlägen, von denen Krasniqi sich einige einfing. Es schien lange Zeit unklar, wie man diesem robusten Boxer beikommen könnte. Doch im Laufe des Kampfes wurde bei Danso aus dem kompakten Auftreten eines kleinen Kampfpanzers eine ziemlich feste und berechenbare Größe. Nachdem Krasniqi sich seinen Gegner lange genug „ausgeguckt“ hatte und dabei selbst locker und beweglich blieb, nutzte er den Schwachpunkt Dansos aus.

Robin Krasniqi vs Emmanuel Danso   Robin Krasniqi vs Emmanuel Danso

Der gute Mann aus Ghana wurde zunehmend monotoner in seinen Bewegungen und Handlungsabläufen, was Krasniqi mit einem satten Aufwärtshaken in Runde 7 bestrafte. Das war das KO-Aus und die erste Niederlage von Emmanuel Danso. Er ging sofort schwer zu Boden und war nach Einschätzung von Ringrichter Wiemann nicht mehr kampffähig. Ein sehr schöner Erfolg für Krasniqi und ein verdienter Titelgewinn.

Robin Krasniqi vs Emmanuel Danso

Robin Krasniqui nach dem Kampf: „Alles lief alles nach Plan. Mein Trainer Dirk Dzemski hat mich von außen gesteuert wie mit einer Play-Station. Ich habe jede Anweisung gehört, es hat alles geklappt. Natürlich freue ich mich, dass ich diesen Kampf dann auch noch so final mit dem Aufwärtshaken beenden konnte. Ich wollte die Zuschauer und mein SES-Team glücklich machen. Sie haben so toll zu mir gestanden und mich aus dem Tief nach meiner Niederlage im WM-Kampf gegen Cleverly heraus geführt. Ich bin stolz auf mein Team und wir werden jetzt ein paar Tage feiern!“

Robin Krasniqi vs Emmanuel Danso

Ramona Kühne bekam es im letzten Kampf des Abends mit der Ungarin Gina Chamie zu tun. Die junge Dame aus Budapest ist WBC-Youth-Titelträgerin im Leichtgewicht. Allerdings konnte sie dem Tempo der 3-fach Weltmeisterin nur in der ersten Kampfhälfte folgen, wo sie sich eigentlich ganz passabel präsentierte und locker mitboxte. Doch ab Runde 5 wurde deutlich, dass dieser Kampf womöglich nicht über die volle Distanz gehen würde.

Ramona Kuehne vs Gina Chamie   Ramona Kuehne vs Gina Chamie

Die Gesamtheit der Treffer, die ihr Kühne versetzen konnte führten wohl dazu, dass sich die 24-jährige Magyarin dem Kampf nicht mehr gewachsen sah. Ob es nun die vielen Treffer oder eine Ellenbogenverletzung war ist nicht nachvollziehbar, jedenfalls gab sie nach 6 Runden auf und hat so mit TKO 7 ihre erste Niederlage in 9 Kämpfen hinnehmen müssen. Gina Chamie ist gewiss keine schlechte Boxerin, aber ihr fehlt einfach die Erfahrung, die eine Ramona Kühne schon seit Jahren besitzt.

Ramona Kuehne vs Gina Chamie

Ramona Kühne nach dem Kampf:  „Ich hätte sie dann in der achten Runde „geknackt“, hatte sie mir gerade so schön zurecht gelegt. Schade, dass sie aufgeben musste. Der Kampf hat Spaß gemacht, ich fühlte mich großartig und hatte wieder meine gewohnte Souveränität, die Kontrolle über meine Gegnerin!“

Ramona Kuehne vs Gina Chamie

Sehr zufrieden mit der Veranstaltung und den Siegen seiner Kämpfer zeigte sich auch Promoter Ulf Steinforth: „Wir haben unser Versprechen gehalten und nach unserem ersten Auftritt hier im letzten Jahr für das tolle Potsdamer Box-Publikum noch „eine Schippe“ draufgelegt. Ich bin stolz auf eine souverän boxende Weltmeisterin Ramona Kühne, einen super aufgelegten Robin Krasniqi, dem so wieder alle WM-Kampf-Türen offen stehen, und auf einen Dominic Bösel, der sich auch nach dem Niederschlag großartig gefangen hat. Es war hier alles dabei: Dramatik, Spannung, hochklassiges Boxen und eben auch mal ein Ko-Festival. Wir kommen gerne wieder!“

Wer sich die Kämpfe noch einmal ansehen will, wird auf http://www.ran.de/boxen fündig.

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