Odlanier Solis vs Tony Thompson – (K)eine Überraschung
Mit einem Urteil von 115:114, 115:113 und 112:116 ging der Kampf knapp an Thompson. Man hätte gewiss auch mit einem Unentschieden leben können. Dank der guten Defense und er Ringerfahrung Thompsons gelang es ihm ohne jeden Anflug von größeren Anstrengungen diesen Kampf locker runter zu boxen. Der Erwartungsdruck lastete eigentlich auch nur auf Solis, weil er endlich einmal zeigen sollte, dass er zu Recht in der ersten Reihe des Schwergewichts etwas zu suchen hat. Diese Erwartung erfüllte sich gestern jedenfalls nicht. Seine Angriffe kamen einfach zu spärlich und schwach, da nützten auch gelegentliche Spurts zum Rundenende und der offensichtliche Freifahrtsschein für Hinterkopfschläge nichts.
Von Solis wurden große Kämpfe erwartet, als er 2007 zum Profi wurde. Doch die blieben in all den Jahren aus. Es hat immernoch den Anschein, dass er seine boxerischen Fähigkeiten entweder überschätzt wurden oder einfach auf der Strecke geblieben sind. Solis ist jetzt 33 und lebt als Boxer eigentlich nur von den Reflexen, die er als Talent mitbrachte und die ihm in der guten kubanischen Boxschule antrainiert wurden. Obwohl er gestern tatsächlich etwas mehr gemacht hat als sonst, hat es aber nicht einmal gereicht um den 42-jährigen Thompson auch nur ein einzigstes mal richtig zu beeindrucken. Wenn er selbst das nicht schafft, wie will er dann jemals mit einem wirklichen Spitzenboxer klar kommen, der richtig Biss hat?
Mit den zuletzt gezeigten Leistungen hält sich Solis mit Platz 16 immernoch in den Top 25 der BoxRec-Liste, in unmittelbarer Nachbarschaft von Mike Perez, Erkan Teper, Andy Ruiz jr und Jonathan Banks. Ob dieser Rang verdient ist oder nicht, sei mal dahin gestellt. Auf jeden Fall hat er einmal mehr gezeigt, dass er die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hat. Die „große Hoffnung“ des Schwergewichts ist er jedenfalls nicht mehr, wenn ihm Boxer wie Tony Thompson die Show stehlen können. Für die Überraschung sorgte nicht wie erwartet Solis durch einen glanzvollen Auftritt, sondern Thompson damit, wie locker man ein einstiges Supertalent alt aussehen lassen kann. Wo die Reise jetzt mit Solis hingeht muss wohl im Nebel bleiben. Für Thompson war dieser Kampf eine weitere Empfehlung für nächste gute Zahltage.