Amateure und Profiboxer arbeiten zusammen – ein erstes Fazit

Am 17. Mai 2017 veröffentlichte der Deutsche Boxsport Verband (DBV) eine Pressemitteilung, in der eine bisher nie dagewesene Entwicklung im deutschen Boxsport angekündigt wurde. Erstmalig wollten Profi- und Amateurboxer kooperieren.

Karlsruhes Bürgermeister und Präsident des Badischen Landessportbundes, Dr. Martin Lenz, hatte erkannt, dass es für die Faustkämpfer der beiden Lager nur eine gemeinsame Zukunft geben kann, um nicht in ein Nischendasein gedrängt zu werden.
Deshalb luden er und Karlsruhes Sportbotschafter Rainer Gottwald zwölf Top-Funktionäre des DBV, des Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) und des Weltboxverbands AIBA zu einem „Come together“ ein.

Die Teilnehmer kamen in der Sitzung überein, zukünftig eng zusammenzuarbeiten. So könnten zum Beispiel gemeinsame Vermarktungskonzepte entwickelt oder vorhandene Trainingsressourcen geteilt werden.

Es wurden bereits Handlungsfelder identifiziert, die von Experten-Kommissionen bearbeitet werden sollen.

Beinahe 100 Tage sind seitdem vergangen. Für Dr. Lenz und Rainer Gottwald war es daher an der Zeit, für ein erstes Statusgespräch einzuladen, an dem für den DBV Michael Müller und Valentin Silaghi teilnahmen. Der BDB wurde von Volker Grill und Herbert Uhrig vertreten. Weitere Gäste waren der AIBA-Offizielle Helmut Ranze sowie Thomas Schwarz, TS Fight-Sportmanagement und Jürgen Lutz, Präsident der GBU.

Volker Grill, Vizepräsident beim BDB, dämpfte den anfänglichen Enthusiasmus der Tagung, die am 28. Juli in Karlsruhe stattfand.

Er war erstaunt über einen Boxevent in Hamburg, bei dem Amateurboxer gegen Profiboxer kämpften, die nicht zum BDB gehören.  Im Vorfeld der Veranstaltung hatte er die Verantwortlichen darauf hingewiesen, dass der BDB diesen Kämpfen nicht zustimmen könne, da die grundlegenden Bestimmungen für derartige Fights fehlen. Warum der DBV das Veto unterlief und seine Boxer gegen Nicht-BDB-Profis antreten ließ, konnte er nicht nachvollziehen.

Es gab noch mehr, was der erfahrene Box-Funktionär ansprach.
Zum einen war es eine neue Gebührenordnung für DBV-Kampfrichter, Ringsprecher und Trainer, die an einer Profiveranstaltung teilnehmen möchten. Für Grill war dies der zweite Schritt vor dem ersten. Zuerst müssen ein gemeinsames Reglement und ein abgestimmtes Meldeverfahren etabliert werden, an denen eine vernünftige Kapazitäts- und Personalplanung beider Verbände ausgerichtet werden kann. „Erst wenn diese vorlägen, könne man über Gebühren sprechen“, so Grill.

Weiterhin bat er den DBV um Mitteilung, warum  das Wiking Boxteam und dessen Manager Winfried Spiering vom Deutschen Boxverband geächtet wurde. „Winfried Spiering und sein Wiking Boxteam sind langjährige, loyale  Mitglieder des BDB und genießen unseren vollen Respekt“, sagte Grill im Interview mit go4boxing.com, „uns ist nicht klar, warum der DBV diese drakonische Maßnahme ergriff.“

Aber es gab auch Fortschritte zu berichten:

  • Trainer können in beiden Lagern sekundieren, vorausgesetzt sie verfügen über die benötigten Lizenzen.
  • Im Ausbildungsbereich leistet der DBV vorbildliche Arbeit. Deshalb wird der DBV-Vizepräsident für Aus- und Fortbildung, Lothar Heine gebeten, seine Vorstellungen zu einer gemeinsamen Trainerausbildung zu formulieren. Ähnliches gilt für eine Cutman Ausbildung.
  • Profis und Amateure können an gemeinsamen Sparrings teilnehmen.
  • Bekanntlich können auf Boxveranstaltungen sowohl Profi- als auch Amateurkämpfe stattfinden. Neu ist, dass die Pausen für den Wechsel des Kampfgerichts und der Funktionäre an keine Mindestzeiten mehr gebunden sind.

Grill unterstrich, dass trotz der teilweise kontrovers geführten Diskussionen die professionelle Arbeitsebene nie verlassen wurde. Im Gegenteil, die Gespräche waren vom gegenseitigen Respekt in einer freundschaftlichen Atmosphäre geprägt.

Die nächste Arbeitssitzung findet voraussichtlich während der Box-WM statt, die vom 25. August – 2. September 2017 in Hamburg veranstaltet wird.

 

Text: Wolfgang Wycisk

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