Einhundertundelf Jahre SC Colonia – Dat weed jefiert

SC Colonia Vorstand - Foto: Wolfgang Wycisk

SC Colonia Vorstand – Foto: Wolfgang Wycisk


Man sieht dem SC Colonia 06 Köln sein Alter nicht an. Deutschlands ältester Boxverein feierte am 12.Juli seinen „Einhundertundelften“. Am Olympiaweg hinter dem Müngersdorfer Stadion gab es eine große Party. Unter den Gästen waren Bestseller-Autor Frank Schätzing, Sportexperte Prof. Dr. Ingo Froböse, Boxprofi und Colonia-Mitglied Denis Radovan, Rüdiger May und viele mehr.
Colonia Präsident Prof. Dr. Rolf Sobottke eröffnete den bunten Abend und nahm in seiner Rede die Gäste mit auf eine erlebnisreiche Zeitreise:
Die unglaubliche Erfolgsgeschichte des SC Colonia 06 Köln begann am 6. August 1906. Der sechszehnjährige Josef Bruckmann gründete mit einigen sportbegeisterten “kölsche Jonges“ einen Verein, der sich der Leichtathletik und dem Radsport widmen sollte. Vom Faustkampf redete keiner. Der war bis 1918 in Deutschland offiziell verboten. Aber wie heißt es so schön? Verbote sind dafür da, das man sie bricht. Ludwig Neeke und Lambert Fischer gehörten zu denen, die das taten. Sie gewannen 1912 die ersten Gürtel für Colonia– natürlich hinter geschlossenen Türen.
Es war Hein Domgörgen der für den SC die „Roaring Twenties“ einläutete. Domgörgen begeisterte das ganze Rheinland. Er wurde 1921 deutscher Meister im Mittelgewicht und war der Erste, bei dessen Stil von der Kölner Schule gesprochen wurde – Präziser Jab und eine Schlaghand, die so schnell war, dass man glaubte in der Zeit rückwärts zu reisen, wenn sie einen traf.
Übrigens, für den Kölner Stil sind die Jungs und Mädels von Colonia heute genauso gefürchtet, wie damals.
Max Schmeling war für kurze Zeit Mitglied im Verein. Ironie des Schicksals, der erste deutsche Profiweltmeister im Schwergewicht, gehörte nicht zu denen, die für Colonia Medaillen sammelten.
Anders Franz Dübers, Jakob Domgörgen und Hein Müller. Sie gewannen für Colonia 1927 auf den Europameisterschaften Gold gingen als das „Kölner Dreigestirn“ in die Sportannalen ein. Drei Goldmedaillen auf einer Europameisterschaft – Was für ein unglaublicher Triumph!
Die Zeit zwischen 1925 -1931 gehört zu den erfolgreichsten des Clubs. Fünf Mannschaftsmeister, vier Europa- und zwei Vizeeuropa-Meister und dreizehnmal Gold auf den deutschen Meisterschaften. Neben den vielen Höhen gab es auch Tiefen. Plötzlich und unerwartet verstarb der langjährige Geschäftsführer Josef Kaulhausen. Man schrieb das Jahr 1954. Der Verein geriet ins Trudeln und stand zeitweise vor dem Aus. Vorstände kamen und gingen. 1960 rebellierten die Sportler und setzten die Führung ab. Neuer Geschäftsführer wurde ein 24-jähriger Boxer. Franz Zimmerman ließ sich breitschlagen das Amt zu übernehmen, „aber nur für kurze Zeit!“
Niemand konnte ahnen, dass die „Notlösung“ von einst zu einer 55-jährigen Dauerfunktion werden würde. Zimmermann machte aus dem Verein einen der erfolgreichsten Box-Clubs Europas. 2015 übergab er seine Amtsgeschäfte an Heinz Ehle, der ebenfalls zu den Urgesteinen des SC gehört. Er und Präsident Prof. Dr. Rolf Sobotke stehen nun am Ruder und steuern die Geschicke des Vereins. Die Latte, an der sie sich messen lassen müssen hat Franz Zimmermann auf Weltrekordhöhe gelegt. Sie werden keinesfalls unter ihr durchtanzen, denn hinter den beiden steht ein Team aus gestandenen Managern sowie acht erfahrenen Trainern. Und natürlich Franz Zimmermann. Der lässt es sich nicht nehmen bei seinem Verein ab und zu nach dem Rechten zu schauen und als Cheforganisator auch die nächsten deutschen Jugendmeisterschaften durchzuführen.
Weltmeisterlich sind auch die Erfolge, auf die der Verein zurückblicken kann. Kaum zählbare Top-Platzierungen auf Welt- Europa- und Deutschen- sowie Landes- und Bezirksmeisterschaften. Darüber hinaus wurde Artur Brill Jugend-Olympiasieger. Nadine Apetz schrieb sogar Boxsportgeschichte. Als erste deutsche Frau stand sie bei einer Weltmeisterschaft auf dem Treppchen. Nadine wurde Dritte. Ebenfalls Dritter wurde Nelvie Tiafack auf der Jugend WM. Ganz frisch, die Silbermedaille von Steffi von Berge bei den Europameisterschaften.
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Der Olympiastützpunkt (OSP) Rheinland für den Boxnachwuchs soll geschlossen werden. Der Stützpunkt ist einer von zweien in NRW. In Köln bereiten sich Max Keller aus Aachen und das „Eigengewächs“ Ibragim Bazuev auf die Box-Weltmeisterschaft vor, die dieses Jahr in Hamburg stattfinden wird. Der Stützpunkt ist Colonia angeschlossen und wir von dessen Sportwart Ulf Andritzke geleitet.
Der Deutsche Olympische Sportbund will aus Kostengründen die Anzahl seiner Leistungsstützpunkte reduzieren. Wie in der Presse zu lesen war, favorisiert der Deutsche Boxsport-Verband und sein Präsident Jürgen Kyas den Stützpunkt in Münster und wäre bereit, den OSP Köln zu opfern.
Es wäre ein herber Verlust, nicht nur für Colonia, sondern auch für Köln und den vielen Leistungssportlern, die hier trainieren. Natürlich wehrt sich Colonia gegen die Schließung seiner Kaderschmiede. Eines hat man bis jetzt erreicht. Die Entscheidung wurde aufgeschoben.
Colonia wird nicht aufgeben. Aber erst einmal wurde der Hundertelfte „ganz groß gefiert“ mit kölsche Tappas und vielen Gästen. Jetzt kämpft man weiter und hofft auf ein gutes Ende, denn „et hätt noch emmer joot jejange.“

Text: Wolfgang Wycisk

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