Blick hinter den Kampfrekord (9): Der jüngste Profiboxer aller Zeiten

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Wenn man sich den Kampfrekord von Nipper Pat Daly, 99(26)-11(7)-8 anschaut, so wird einem erst einmal nichts besonders auffallen. Die hohe Kampfanzahl war für die Zeit der 20er und 30er nichts besonderes. Damals boxte man nun einmal häufiger. Erst bei genauem Hinsehen fällt auf, dass Daly bereits mit 17 Jahren zurücktrat. Wenn man dies einmal durchrechnet, so stellt man fest, dass sich hinter diesem unscheinbaren Kampfrekord der jüngste Profiboxer aller Zeiten verbirgt.

Geboren wurde Nipper Pat Daly am 17. Februar 1913 im walisischen Abercrave. Von den Schwierigkeiten des 1. Weltkriegs unbehelligt verbrachte er in den folgenden Jahren eine Kindheit, welche von häufigen Umzügen geprägt war. Die Familie zog bereits früh nach London, ehe sie nach Kanada übersiedelte. Nur zwei Jahre später kehrten die Dalys zurück in die britische Hauptstadt, wo der Junge erstmals mit dem Boxsport in Berührung kam.

Daly begann in einem Gym in der Marylebone Road zu trainieren. Die Familie wohnte im selben Stadtteil, sodass der Weg zum Gym recht kurz war. Der erfahrene Trainer Albert Newton, genannt „Professor“ nahm ihn unter seine Fittiche und erkannte schnell das Talent des jungen Boxers. Newton, der damals hochangesehen war und bereits zahlreiche Erfolge als Trainer vorweisen konnte, stellte rasch fest, dass Daly das Zeug für höhere Aufgaben hatte. Sobald die Technik des Jungen weit genug war, drängte ihn Newton in eine Profikarriere. Neben seiner Tätigkeit als Trainer engagierte er sich nun auch als Dalys Manager.

Sein Profidebüt gab Nipper Pat Daly im Jahr 1923. Mit seinen 9 Jahren ist er bis heute der jüngste Profiboxer aller Zeiten. Und dieser Rekord wird für die Ewigkeit stehen, weil die Regeln inzwischen so angepasst wurden, dass ein Wertungskampf in diesem Alter weder bei den Profis noch bei den Amateuren möglich ist.

In den folgenden Jahren baute sich Daly eine solide Karriere auf. Zwar erlitt er mehrere Unentschieden und Niederlagen, die aber allesamt durch unglückliche Disqualifikationen, Cutverletzungen oder schlicht Fehlurteile zustande kamen. Zumeist setzte sich der Junge aber durch, da er duch seine boxerische Klasse selbst deutlich ältere und schwerere Gegner bezwingen konnte. Ab 1927 fing Daly schließlich an, längere Kämpfe über 10 und 15 Runden zu bestreiten. Zudem wurden die Gegner stärker. Dennoch schaffte er es weiterhin, sich gegen die erwachsenen Kontrahenten zu behaupten. Mit 14 Jahren war er noch immer ein Kind. Mit seiner Technik war Daly allerdings stets in der Lage, das bessere Ende für sich zu haben. Die Presse überschlug sich vor Lob und brannte vor Zorn, wenn er eine seiner seltenen Niederlagen erlitt. (Falls Interesse besteht: Bei Boxrec.com kann man in Dalys Kampfrekord zahlreiche Zitate zeitgenössischer Journalisten finden)

Im Jahr 1928 boxte Daly ganze 25 Mal. Dabei schlug er u.a. den italienischen Meister Giovani Sili sowie den deutschen Meister Ludwig Minow. Nach einem Sieg über Bert Kirby, der damals als Anwärter auf den WM Titel galt, konnte sich Daly selber in die Position eines möglichen Herausforderers schieben. Dies war allerdings im Fliegengewicht, aus dem er nun allmählich herauswuchs. 1929 war er im Bantamgewicht angekommen, wo er sich erst einmal eine hohe Ranglistenposition erarbeiten musste. Und dies tat er. Von 33 Kämpfen in diesen Jahr entschied Daly 29 für sich, von denen viele gegen namhafte Konkurrenz zustande kam. So mussten die britischen und belgischen Landesmeister eine empfindliche Niederlage gegen den Teenager einstecken. Am Ende des Jahres fand er sich unter den Top10 im Bantamgewicht wieder. Doch sein Manager lehnte einen WM Kampf in den USA ab, weil er seinen Schützling nur in Europa boxen lassen wollte.

Ab diesem Zeitpunkt ging es bergab. Daly musste in seinen letzten Jahren, in denen er schließlich im Leichtgewicht antrat, mehrere KO Niederlagen hinnehmen, welche zum einen mit dem ständigen Gewichtmachen zusammenhingen, zum anderen aber auch mit dem Substanzverlust. Die hohe Zahl an frühen Kämpfen gegen starke Gegner hatte ihren Tribut gefordert. Nipper Pat Daly war mit 17 Jahren bereits über den Berg. Dies erkannte er schließlich selber und entschied sich, die Boxhandschuhe noch vor Erreichen der Volljährigkeit an den Nagel zu hängen.

Dem Boxsport blieb Daly bis zu seinem Tod im Jahr 1988 verbunden. Er machte den Trainerschein, eröffnete ein Gym und managte auch den einen oder anderen Profi.

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