Tori Nelson – Eine typische Boxerin

Was ist eigentlich eine typische Boxerin? Leider muss man kurz und knapp sagen: Es ist eine Boxerin, die ihren Sport liebt, hart und ausdauernd trainiert wie ihre männlichen Kollegen, aber von ihrem Sport (bis auf wenige Ausnahmen) nicht leben kann.

Will „Frau“ professionelles Boxen betreiben, muss sie lukrative Sponsoren- bzw. sogar TV-Verträge haben. Ansonsten rennt sie sich nach jedem Cent die Hacken ab und ist darauf angewiesen, sich die Finanzierung ihres Sports regelrecht zusammenzubetteln. Dabei spielt es auch eine untergeordnete Rolle, wie gut und erfolgreich sie als Boxerin im Ring ist. Leider stagniert dieser Zustand seit Jahren. Nur die wenigsten Boxerinnen haben das Glück eines ausreichenden finanziellen Auskommens.

Ein Beispiel hierfür ist die Amerikanerin Tori Nelson. Sie wurde 2011 WBC-Weltmeisterin im Weltergewicht. Darauf folgten 2 Kämpfe im Mittelgewicht gegen WBA-Weltmeisterin Tereza Perozzi, die jeweils Unentschieden gewertet wurden. Zu einem entscheidenden 3. Kampf kam es nicht, weil Perozzi schwanger wurde und eine Pause einlegte. Nelson war in einer Sackgasse.

Sie kämpfte statt dessen um den WIBA-Titel im Weltergewicht, holte sich diesen Gürtel und verteidigte ihn u.a. gegen Mia St. John, Kali Reis und Nicole Woods. Zuletzt boxte sie im Super-Welter und im Mittelgewicht gegen ihre Landsfrau Kita Watkins um den Titel des unbekannten Verbandes „Universal Boxing Federation“ (UBF) und holte sich auch diese Gürtel. Das Watkins einen negativen Kampfrekord hat und von ihren letzten 10 Kämpfen nur 2 gewinnen konnte, macht deutlich, welchen Stellenwert der UBF-Titel hat.

Leider hat Tori Nelson keinen großen Promoter oder Sponsoren hinter sich, der sie an die Hand und ihr alle finanziellen Sorgen nimmt. Um überhaupt rund zu kommen, schuftet die mittlerweile 39-jährige alleinerziehende Mutter von 2 Kindern in 3 Teilzeitjobs. Morgens fährt sie Schulbus, tagsüber arbeitet sie in einer Cafeteria und abends kellnert sie in einer „International House of Pancakes“ – Filiale. Dazu kommt das Boxtraining. Das ist alles andere als der Spass, den der Boxsport eigentlich machen sollte.

Man kann gespannt sein, ob es das Schicksal mit Tori Nelson doch noch gut meint und sie vielleicht zu einem lukrativen Kampf kommt, der sie finanziell etwas entlastet. In solchen Fällen gehen Boxerinnen oft nach Mexiko und boxen dort einen Kampf für eine gute Börse. Doch in Nelsons aktueller Gewichtsklasse, dem Mittelgewicht, ist in Mexiko nun mal nichts zu machen, weil die Mexikanerinnen kleiner und leichter sind. Es gibt im Mittelgewicht der Frauen im Moment gerade 16 aktive Boxerinnen. Etwa 2 von 3 Boxerinnen dieser Gewichtsklasse sind „Kanonenfutter“ für weniger als ein halbes Dutzend gute Boxerinnen. Tori Nelson zählt ohne Zweifel zu den Guten. Sie ist laut BoxRec nach SES-Boxerin Christina Hammer die Nr. 2 des Mittelgewichts. Doch wie lange wird sie diesen finanziellen Spagat noch mitmachen können? Trauen sich vielleicht SES und Christina Hammer zu, Tori Nelson für einen Top-Kampf nach Deutschland zu holen? Man würde gewiss einen tollen Frauenkampf zu sehen bekommen.

Tori Nelson in 2 Clips:

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