Raja Amasheh vs Amira Hamzoui – Niederlage oder reingelegt?

Fotos: Erich Christoph-Borger Am Samstag kämpften Raja Amasheh und die Französin Amira Hamzoui bei der „Night of the Champions 3“ in Saarbrücken gegeneinander. Es ging um die beiden Gürtel von Raja Amasheh (WBF und WBC-Silver) im Fliegengewicht. Der Kampf ging über die volle Distanz und musste nach Punkten entschieden werden. Mit dem Urteil konnte nur die französische Seite glücklich sein, denn es lautete 94:97, 98:94 und 94:97 gegen die Titelträgerin. Raja Amasheh und ihr Trainer Dominik Junge waren fassungslos.

Natürlich gehört Verlieren im Boxsport dazu. Auch das muss man können und ggf. hinnehmen, wenn von den Punktrichtern so entschieden wurde. Doch hat dieses Punkturteil einen gelinde gesagt „fiesen“ Beigeschmack. Das wurde auch von den Zuschauern in der Halle so aufgenommen. Am Tag nach dem Kampf ergab sich die Gelegenheit mit Dominik Junge, dem Trainer von Raja Amasheh zu sprechen. Er erläuterte der Redaktion von Boxenplus.de/BOXWELT.com seine Sicht auf den Kampf und das Punkturteil:

Hallo Dominik, man hört das Urteil gestern Abend im WM Kampf Amasheh vs Hamzaoui war etwas fragwürdig?

Dominik Junge : Ja, so kann man das, vorsichtig gesagt, auch ausdrücken.

Was ist denn genau passiert bzw. wie ist denn deine persönliche Sicht auf die Dinge?

Dominik Junge: Ich versuche es kurz zusammen zu fassen, Raja startete gut in den Kampf, hatte dann im Mittelteil einige schwache Runden, bis zu diesem Zeitpunkt war es ausgewogen mit einer leichten Tendenz für die Französin je nach Bewertungkriterien. Dann kamen die eindeutigen und unstrittigen letzten Runden für Raja. In diesem Kampf gab es ein Open Scoring in Runde 3 und 6, sodass beide Ecken immer wussten, wie es stand. Nach Runde 6 war klar, dass wir noch mal aufdrehen mussten. Die letzten Runden waren laut einhelliger Meinung aller Experten klare Runden für Raja. Aufgrund des Zwischenstandes und der letzten Runden war es eigentlich klar, dass der Kampf von Raja gewonnen wurde.

Kannst du das vielleicht doch etwas detaillierte ausführen worauf ihr euch beruft?

Dominik Junge: Runde 1 und Runde 9 waren eindeutige Runde von Raja, das haben zwei der Punktrichter sowie 4 offizielle Delegierte (2* BDB, WBC und WBF) die schriftlich optional mitgepunktet haben so gesehen. Einzig der Punktrichter Toni Tiberi hat diese Runden gegen Raja gewertet. Es ist aktuell unklar, ob er sich beim eintragen in der Spalte vertan hat oder ob es einen anderen Grund gibt.

Was passierte gestern noch nach nach dem Kampf bzw. wie wird es weitergehen?

Dominik Junge: Nach dem Kampf kamen die offiziellen des BDB und der WBC direkt auf uns zu und teilten uns mit, dass sie dieses Urteil absolut nicht nachvollziehen können und eine Prüfung des Urteils nach Sichtung des Videomaterials zwingend angeordnet wird.

Hast du noch ein Schlusswort?

Dominik Junge: Es ist ja nun mal so, dass ein Herausforderer etwas mehr wie der Champion machen sollte, in diesem Kampf war aber Raja die aktivere die vor allem die letzten drei Runden klar dominierte. Dazu sind die Wertungspunkte Effektivität „more aggressive“ sowie Ringbeherrschung (Mitte des Rings dominieren) eindeutig auf Rajas Seite . Den sogenannten Heimbonus wollen wir gar nicht in Anspruch nehmen aber hier gab es einen Auswärtsbonus mit einem französischen und luxemburger Punktrichter. Ob der Luxemburger Punktrichter beim ausfüllen der Punktzettel nur einen Fehler gemacht hat oder was da genau vorgegangen ist, dass entzieht sich meiner Kenntnis. Zuerst werden wir abwarten, was nun bei der Prüfung herauskommt. Wir gehen davon aus, dass die Gerechtigkeit noch Einzug halten wird. Nichts desto trotz werden wir einen Rückkampf anstreben und das ganze im Ring auf sportlicher Ebene eindeutig klarstellen.

Vielen Dank, dass du heute noch kurzfristig Zeit gefunden hast für ein kurzes Statement zu den Geschehnissen von Samstag Abend.

Dominik Junge: Ich danke euch, ihr werdet von mir upgedatet wenn es Neuigkeiten gibt.

Was in diesem Gespräch unerwähnt blieb: Dominik Junge war über einen längeren Zeitraum für den Verband WBF tätig und kam u.a. bei diversen WBF-Kämpfen als Delegierter zum Einsatz. Um der möglichen Verquickung zwischen seiner Trainertätigkeit und der Verbandsarbeit zu entgehen, hat er seine Mitarbeit beim Verband WBF aufgekündigt. In diesem Zusammenhang steht auch, dass der Verband scheinbar nicht besonders davon begeistert war, dass Raja Amasheh als eine ihrer Titelträgerinnen seit diesem Jahr auch einen grünen Gürtel trägt, einen des mexikanischen Verbandes WBC. Das wurde Trainer Dominik Junge auch unmissverständlich deutlich gemacht.

Auffallend bei dieser ganzen Angelegenheit ist auch folgendes: Während gleich nach der Urteilsverkündung Vertreter von BDB und WBC das Gespräch mit dem Team Amasheh suchten und ihr Unverständnis über dieses Urteil äußerten, hatten es die WBF-Delegierten plötzlich sehr eilig, den Veranstaltungsort zu verlassen.

Wenn man unbedingt will, kann man sagen: „Man muss auch verlieren können.“ Doch unter so merkwürdigen Umständen zu verlieren, erscheint nicht gerade einleuchtend. Gegen das Urteil wurde Protest eingelegt und eine Überprüfung beantragt. Man muss abwarten, was seitens des WBF entschieden wird. Ob sich die Punktevergabe als ein Irrtum herausstellt, das Urteil revidiert wird oder ein Rematch angekündigt wird, bleibt bis zur vollständigen Aufklärung offen. Stellt sich der Verband WBF queer und besteht auf dem jetzigen Urteil, hat das Team Amasheh noch ein Ass im Ärmel – eine im Kampfvertrag festgeschriebene Rückkampfklausel. Es wird wohl darauf hinauslaufen: Raja Amasheh vs Amira Hamzoui 2.0. So oder so, aber diesmal mit allergrößter Aufmerksamkeit und nicht unbedingt mit 2 von 3 Punktrichtern, die der WBF ausgesucht hat.

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