Gerald McClellan vs Nigel Benn – Unvergessene Ringschlacht mit tragischem Ausgang

Fotos: „The Telegraph“, „The Guardian“, „virginmedia.com“ benn plakat1

Gerald McClellan vs Nigel Benn - Unvergessene Ringschlacht mit tragischem Ausgang

Am 25. Februar 2014 sind es genau 19 Jahre her, dass sich der britische WBC-Champ im Supermittelgewicht Nigel Benn und der gerade ins Supermittel aufgestiegene Amerikaner Gerald McClellan in London gegenüber standen. McClellan war zuvor WBC-Champ im Mittelgewicht. Dieser Kampf wurde schon von der Ansetzung her als äußerst brisant eingeschätzt, weil beide Boxer als harte Fighter bekannt waren. Leider nahm der Kampf zumindest für einen der Beiden einen äußerst tragischen Ausgang.

Bereits in Runde 1 legte McClellan ein Tempo vor, dem Nigel Benn kaum gewachsen war. In 20 seiner bis dahin 29 KO-Erfolge fertigte McClellan seine Gegner in Runde 1 ab. Es sah fast so aus, als sollte auch WBC-Champ Nigel Benn dieses Schicksal ereilen. In den ersten 40 Sekunden des Kampfes konnte der Amerikaner 7 Volltreffer bei Benn landen. McClellan deckte Benn derart mit harten Schlägen ein, dass der aus dem Ring fiel und es während dem Anzählen nur mit knapper Not zurück in den Ring schaffte. In den folgenden Runden lieferten sich beide Kontrahenten eines der härtesten Gefechte der Boxgeschichte und brachten sich abwechselnd bis an den Rand eines Niederschlags.

bennIn Runde 8 suchte McClellan die Entscheidung, er deckte seinen Gegner erneut mit einem Schlaghagel ein und Benn musste schließlich erneut runter. In der 9. Runde sah es so aus, als würde Benn nach einer fehlgeschlagenen Rechten das Gleichgewicht nach vorne verlieren und es kam zu einem ungewollten schweren Zusammenprall der Köpfe. Wenn man unbedingt will, könnte man auch behaupten, Benn habe absíchtlich so geschlagen um einen solchen schweren Kopfstoß bei seinem Kontrahenten zu landen. Benn lag, nicht zuletzt durch die beiden Niederschläge, nach Punkten hinten und konnte den Kampf vielleicht nur noch durch ein KO gewinnen. Bei diesem Zusammenprall erlitt McClellan eine schwere innere Kopfverletzung, was man natürlich von außen nicht sehen konnte. Der Ringrichter hat normal weiter boxen lassen und auch der Ringarzt nahm scheinbar keinerlei Notiz davon, dass es von diesem Moment an mit dem Amerikaner bergab ging. Einen Vorwurf kann man hier niemandem machen. Es war ein hochdramtischer WM-Kampf, der nun einmal im Verlauf des Gefechts Spuren hinterlässt. Bereits vor dem Kopfstoß litt McClallen unter Luftnot. Er schob fortwährend den Mundschutz nach vorne um besser atmen zu können.

benn 1Gerald McClellan nahm in Runde 9 für einige Sekunden eine Pause, indem er aufs Knie ging, ohne zuvor durch einen Schlag getroffen worden zu sein. Er hatte den Mundschutz ausgespuckt, deutete auf seinen Kopf und spätestens hier hätten sowohl Ringrichter als Ringarzt aufmerksamer reagieren können. Aber auch das nicht zwingend. Es hätte gut sein können, dass McClellan einfach ein paar Sekunden „Knie nimmt“ um sich eine Pause zu verschaffen. Das kommt zwar nicht all zu häufig vor, ist aber ein legales Mittel um sich eine kurze Auszeit zu nehmen. McClellan blinzelte ständig mit den Augen und schob weiter immer wieder den Mundschutz wegen seinen offensichtlichen Atemproblemen vor.

In Runde 10 kam das „Aus“. McClellan trug zwar nach wie vor seine Angriffe vor, suchte zwischendurch aber auch Pausen, indem er klammerte und sich auf Benn legte. Nach einem Treffer von Benn ging er aufs Knie und lies sich anzählen, kam aber wieder auf die Beine und der Kampf ging noch einmal kurz weiter. Benn nutzte die Gelegenheit diesen fast verloren geglaubten Kampf doch noch zu gewinnen. Er setzte nach, worauf McLellan wieder runter ging und sich diesmal bis zu Ende auszählen lies. Damit war der Kampf vorbei. Was niemand ahnte, auch die Boxkarriere und das gesamte bisherige Leben von Gerald McClallan waren genau in diesem Moment für immer vorbei.

benn2McClellan kollabierte anschließend in seiner Ecke und wurde eiligst ins Krankenhaus gebracht, wo er eingehend untersucht wurde und ihm in einer Notoperation ein Blutgerinnsel aus dem Kopf entfernt werden musste. Auch Benn kollabierte anschießend in seiner Kabine und wurde in das gleiche Krankenhaus transportiert. Was bei ihm wahrscheinlich nur ein Schwächeanfall war, weil er sich total ausgepowert hatte, kam für McLellan bedeutend anders. Er lag 11 Tage im Koma und erlitt während dessen 2 Schlaganfälle und eine weitere Herzattacke. Nach seinem Aufwachen aus dem Koma war Gerald McClellan blind, nicht mehr gehfähig, zu 80% taub und sein Gedächtnis nur noch lückenhaft vorhanden. Er ist seither auf einen Rollstuhl und die fürsorgliche Pflege seiner Familie angewiesen. Nigel Benn übernahm einen großen Teil der Behandlungskosten für McClellan und organisierte 2007 eine Benefizveranstaltung in London, wo 200 000 Dollar an Spendengelden zusammen kamen. Auch die Promoter Don King und Frank Warren beteiligten sich jeweils mit 25 000 Dollar daran.

Gerald McClellan war und ist einer der größten und besten Boxer aller Zeiten und wird immer ein Sympathieträger des Boxsports bleiben. Er gilt als einer der schlagstärksten Mittelgewichtler aller Zeiten und wurde 2003 vom Magazine „The Ring“ in die Liste „The 100 Greatest Punchers of All-Time“ aufgenommen. Seit 2007 hat er seinen Platz in der „World Boxing Hall of Fame“.

Stellvertretend für viele Boxfans aus Deutschland und aller Welt sagt Christine Wong, die seit Jahrzehnten vom Boxsport begeistert und Mitautorin dieses Beitrags ist: „Gerald McClellan, danke für die tollen Kämpfe, du bist bei uns auch nach fast 20 Jahren nicht vergessen!“

Zur Erinnerung: Sein letzter Kampf gegen Nigel Benn, ein Interview 6 Jahre danach, ein „Tribute to Gerald McClellan“ – Clip. Und schließlich „Gerald McClellan: Ein gefallener Krieger“ sowie eine weitere Dokumentation.

http://youtu.be/RMr24cH–0k

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